Stoppt die soziale Ungerechtigkeit!

15.08.2017

Deutschland steht vor der Bundestagwahl. Das zentrale Wahlkampfthema: Soziale Gerechtigkeit.

Die deutsche Wirtschaft wächst im achten Jahr in Folge, die Arbeitslosigkeit steht auf einem Rekordtief, nie zuvor gingen so viele Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Soweit die Statistik. Die gesellschaftliche Realität ist jedoch eine andere: Der Daueraufschwung kommt nicht bei jedem an. Die Zahl der armen und von Armut bedrohten Menschen in Deutschland ist auf einen neuen Höchstwert gestiegen.

Die rund 60.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tafeln erleben das täglich. „Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Kunden bei den rund 930 Tafeln um 18 Prozent gestiegen“, sagt Jochen Brühl, der Vorsitzende des Bundesverbandes. „Den Menschen, die zu den Tafeln kommen, fehlt es nicht nur an gesunder Nahrung, sondern an Aufstiegschancen, gesellschaftlicher Teilhabe und finanziellen Mitteln“.

Um das Problem nachhaltig zu lösen und die strukturellen Ursachen von Armut politisch zu bekämpfen, stellt der Verband im Vorfeld der Bundestagswahl konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen, die über den bewussten Umgang mit Ressourcen hinausreichen:

1. Steuergerechtigkeit
Gelingende Armutspolitik erfordert eine gerechtere Besteuerung und die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, insbesondere die Schließung von Steuerschlupflöchern. So können umfassende strukturelle Veränderungen zur Armutsbekämpfung mitfinanziert werden.

2. Bildungsgerechtigkeit
Chancengleichheit braucht kostenlose, bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Bildung von der Kita bis zur Hochschule.

3. Lebensmittelverschwendung stoppen
Das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in Deutschland mit jährlich 82 kg weggeworfenen Lebensmitteln pro Person muss gestoppt werden. Wir brauchen weiterhin Aufklärungskampagnen für Verbraucher und Verbraucherinnen und nachhaltige Lösungen von der Lebensmittelproduktion bis in den Handel. Das Mindesthaltbarkeitsdatum bei lang haltbaren Produkten kann abgeschafft werden.

4. Ernährungsbildung
Nachhaltiger und bewusster Umgang mit Lebensmitteln und das Wissen über gesunde Ernährung will gelernt sein. Die Einführung eines verpflichtenden Unterrichtsfachs Ernährungsbildung an Schulen und die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Lebensmitteln müssen weiter gefördert werden.

5. Umdenken in der Beschäftigungspolitik
Die negativen Folgen eines ausgeweiteten Niedriglohnsektors in Deutschland wirken sich im Bezug von SGB II Leistungen aus. Die Verbleibzeit von Beziehern und Bezieherinnen von Arbeitslosengeld
II steigt immer weiter an. Wir fordern ein Umdenken in der Beschäftigungspolitik und nachhaltige Konzepte zu armutsfesten Entlohnungen sowie eine Rückkehr zu bedarfsorientierten Regelsätzen.

6. Altersarmut verhindern
Wer ein Leben lang gearbeitet hat, darf im Alter nicht arm sein. Dies erfordert armutsfeste Entlohnung im Erwerbsleben, eine gerechtere Anerkennung von Betreuungszeiten von Kindern und Eltern im Rentenrecht sowie armutsfeste Mindestrenten und Grundsicherungsleistungen im Alter.

7. Integration und Teilhabe für alle
Soziale Ausgrenzung, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt haben keinen Platz in Deutschland. Integration und soziale Teilhabe muss es für alle ausgegrenzten Menschen geben, egal welcher Herkunft. Daran arbeiten die Tafeln bundesweit mit. Diese Haltung und ihre Umsetzung erwarten wir auch von den politisch Verantwortlichen.

8. Arme und ausgegrenzte Menschen brauchen eine starke Stimme in der Politik
Armutsbekämpfung braucht strukturelle Lösungen. Daher fordern wir Armutsbeauftragte in Bund und Ländern, die die Belange und Perspektiven armer Menschen bündeln, kontinuierlich an die Bundesregierung und Landesregierungen herantragen und darauf achten, dass der Bekämpfung von Armut nachhaltig eine hohe Priorität im politischen Handeln eingeräumt wird.

9. Ehrenamtsförderung im Steuer- und Rentenrecht
Über 60.000 Ehrenamtliche arbeiten bundesweit in den Tafeln. Sie erfahren politische Anerkennung und Würdigung für ihren Einsatz, Armut zu lindern. Um die Bereitschaft und das Interesse am Ehrenamt in Deutschland langfristig aufrecht erhalten zu können, ist die Politik gefordert, auch finanzielle Anreize in der Ehrenamtsförderung, insbesondere im Renten- und Steuerrecht zu schaffen.

Die Forderungen richten sich parteiübergreifend an jede politische Gruppierung. „Politik muss die Bekämpfung von Armut endlich mit Priorität behandeln“, so Brühl. „Unsere Forderungen fassen zusammen, was es dafür braucht: Eine gerechte Verteilung von Vermögen, Chancen, Teilhabe und Lebensmitteln. Wir brauchen ein Umdenken hin zu einem bewussten Umgang mit unseren Rohstoffen und allem anderen, was Menschen für ein würdevolles, selbstbestimmtes Leben brauchen.“

Die politischen Forderungen im Detail


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