Wegwerfgesellschaft in der Armutsfalle - Kluft zwischen Überfluss und Mangel in Deutschland bleibt unverändert groß

28.10.2014

Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. begrüßt die Ankündigung des Bundesernährungsministers Christian Schmidt, MdB (CSU) innerhalb der nächsten zwei Jahre für mehr Klarheit in Fragen der Genießbarkeit von Lebensmitteln sorgen zu wollen. In der gestern in das Erste ausgestrahlten Sendung „Der Haushalts-Check mit Yvonne Willicks“ sicherte Minister Schmidt zu, sich dem Problem der Unsicherheit in Fragen der Genießbarkeit von Lebensmitteln verstärkt anzunehmen.

„Das angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) verunsichert viele Verbraucher und führt häufig dazu, dass noch genießbare Lebensmittel nach Ablauf des MHD vorschnell weggeworfen werden. Jeder Verbraucher wirft jährlich im Durchschnitt 82 kg Lebensmittel in den Müll. Dabei wird in erster Linie nicht Verdorbenes weggeworfen, sondern Produkte, die nicht mehr gut erscheinen oder jene, deren MHD abgelaufen ist“, erläutert der Vorsitzende des Bundeverbandes Deutsche Tafel e. V., Jochen Brühl.

Das MHD ist kein Verfallsdatum, sondern das Datum, unter dem ein Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält. Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. ruft zu mehr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Lebensmitteln auf.

In unserer Wegwerfgesellschaft leben viele Menschen in Armut. Nach aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamtes war 2013 jede sechste Person in Deutschland armutsgefährdet. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 16,1% oder rund 13 Millionen Menschen. Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig ca. 1,5 Millionen bedürftige Personen, davon etwa 30% Kinder und Jugendliche, 53% Erwachsene im erwerbsfähigen Alter und 17% Rentner. Die Zahl der Tafeln und der versorgten Personen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Gleichzeitig fallen große Mengen von Lebensmitteln an, die – obwohl qualitativ einwandfrei – im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verkauft werden können und häufig im Müll landen würden. Dazu zählen Lagerbestände mit nahendem Mindesthaltbarkeitsdatum, Backwaren vom Vortag, Saisonartikel, Überproduktionen, falsch verpackte Ware oder Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern. „Lebensmittelverschwendung und Armut sind die zentralen Themen der Tafel. Die Politik ist hier gefordert“, so Jochen Brühl, „Wege aus der Wegwerfgesellschaft und aus der Armutsfalle zu schaffen, denn die bislang nicht verbesserten Rahmenbedingungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen dürfen diesen nicht länger zum Schaden gereichen. Zudem möchten wir Privatpersonen ans Herz legen, überschüssige Lebensmittel an die Tafeln zu spenden, statt sie wegzuwerfen.“

 

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