Armutsbekämpfung: Sozialpolitik muss endlich handeln!

20.06.2012

Foto: Jörg N/Pixelio.de

Die Erfolgsmeldungen der Bundesregierung – Wirtschaftswachstum, niedrige Arbeitslosenzahlen und der höchste Beschäftigungsstand seit 20 Jahren – täuschen über das wahre Ausmaß der Armut in Deutschland hinweg. Trotz Konjunkturhoch nimmt die Zahl der hilfebedürftigen Arbeitnehmer und Rentner zu. Laut Statistischem Bundesamt sind etwa 13 Millionen Menschen arm oder von Armut bedroht. Das macht sich auch bei den Tafeln bemerkbar. Rund 1,5 Millionen Menschen nutzen derzeit die Unterstützung der Tafeln, 200.000 mehr als vor einem Jahr. Insbesondere der Anteil von Familien mit Kindern und Senioren ist gestiegen.

„Arbeit zu haben oder lange gearbeitet zu haben, bedeutet schon lange nicht mehr, vor Armut geschützt zu sein. Es gibt Millionen Menschen, die nicht vom Aufschwung profitieren und auf staatliche Sicherungsleistungen angewiesen sind: Langzeitarbeitslose, Teilzeitkräfte, Niedriglöhner, Alleinerziehende mit ihren Kindern und Rentner“, beurteilt Gerd Häuser, Vorsitzender des Tafel-Dachverbandes, die aktuelle Lage. Zudem werde angesichts von Millionen Geringverdienern die Zahl der Altersarmen in Zukunft weiter steigen.

Der Bundesverband Deutsche Tafel ruft die Politik daher zu einer gerechten Sozial- und Steuerpolitik und grundsätzlichen Veränderungen in der Gesetzgebung auf. Die Bundesregierung muss mehr tun, um allen Menschen eine wirkliche Chance auf Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben zu eröffnen. Steuer- und Sozialpolitik bieten dazu Gestaltungsspielraum, z.B. über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung einer Transaktionssteuer. "Diese Einnahmen könnten sinnvoll verwendet werden, um den Sozialstaat und unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln“, schlägt Gerd Häuser vor.
Insbesondere für Kinder fordert der Bundesverband vermehrte Anstregngungen: Das Mindeste sind die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze für Kinder, Bildungspolitik vom Kindergartenalter an und kostenlose Mittagsmahlzeiten in Kitas und Schulen.

Damit die Armutsbekämpfung mehr politisches Gewicht bekommt, setzt sich der Bundesverband Deutsche Tafel nach wie vor für einen ressortübergreifenden und unabhängigen Armutsbeauftragten des Bundestages ein. Denn die solidarische Hilfe der Zivilgesellschaft darf von der Politik nicht zum Lückenbüßer für eine unzureichende soziale Grundsicherung gemacht werden. Was die Tafeln verteilen, muss eine zusätzliche Hilfe bleiben. Die Tafeln können und wollen den Sozialstaat nicht ersetzen.

 

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