Tafel Deutschland fordert Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung

02.05.2022

Nötig sind erleichterte Haftung, steuerliche Anreize und umfassende Bildungskampagnen

Bis 2030 muss Deutschland die Lebensmittelverschwendung halbieren. So sieht es das UN-Nachhaltigkeitsziel 12.3 vor. Dennoch landen unverändert jährlich 12 bis 18 Millionen Tonnen Lebensmittel hierzulande im Müll. Der Dachverband der Tafeln fordert von der Bundesregierung nun verbindliche gesetzliche Maßnahmen, die sowohl Hersteller als auch den Lebensmittelhandel sowie Privatverbraucherinnen und -verbraucher adressieren sollen: „Der Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung kommt nicht nennenswert voran. Angesichts von Hunger in der Welt und der Klimakrise müssen wir das Thema in Deutschland endlich viel ernsthafter angehen“, bilanziert Jochen Brühl am Tag der Lebensmittelverschwendung, dem 2. Mai. „Auch in Deutschland fällt es angesichts der steigenden Preise immer mehr Menschen schwer, sich gesunde Lebensmittel zu leisten. Die enorme Verschwendung ist dadurch noch weniger tragbar.“

Drei Punkte sollten gesetzliche Regelungen aus Sicht der Tafeln umfassen, damit sie effektiv gegen Lebensmittelverschwendung wirken:

  1. Lebensmittelspenden müssen rechtssicher sein sowie vereinfacht und steuerlich begünstigt werden – sowohl für Hersteller und Erzeuger wie auch für den Lebensmittelhandel. Alle beteiligten Akteure müssen dafür gemeinsam beraten.
  2. Gemeinnützige, spendenempfangende Organisationen wie die Tafeln müssen finanziell durch den Staat unterstützt werden, um die notwendige Infrastruktur durch Lager und Transport bereitstellen, anpassen und unterhalten zu können.
  3. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mit einer umfassenden Bildungskampagne über Maßnahmen gegen Verschwendung aufgeklärt werden.

In Deutschland arbeiten die Tafeln seit vielen Jahren mit dem Lebensmittelhandel zusammen. Insgesamt entstehen hier etwa vier Prozent der Überschüsse. Deutlich mehr bleibt bei Lebensmittelherstellern und -erzeugern übrig. Die Tafeln müssen ihre Infrastruktur deshalb dringend weiter ausbauen und anpassen, um noch größere Mengen direkt von den Herstellern retten, zwischenlagern und in bedarfsgerechten Portionen an einzelne Tafeln weiterverteilen zu können. „Viele Tafeln und Lebensmittelbanken in anderen europäischen Ländern erhalten dafür längst staatliche Unterstützung. Das ist auch in Deutschland notwendig“, sagt Jochen Brühl.

Besonders angesichts der aktuellen Herausforderungen und teils deutlich sinkender Lebensmittelspenden in den einzelnen Tafeln ist es dramatisch, wenn die Tafeln keine Lager- oder Transportkapazitäten haben, um alle angebotenen großen Spenden von Herstellern annehmen und weitergeben zu können und diese stattdessen vernichtet werden müssen.

Brühl nimmt auch die Verbraucherinnen und Verbraucher stärker in die Pflicht. „Es ist gut, dass mehr Bewusstsein für Verschwendung entsteht und Lebensmittel mehr wertgeschätzt werden. Die Debatte fokussiert sich allerdings zu stark auf die Überschüsse im Handel und legt zu wenig offen, dass die wahren Ursachen der Verschwendung in einer enormen Überproduktion und dem Kaufverhalten der Menschen liegen.“

Tafel Deutschland e.V.
Lebensmittel retten. Menschen helfen.

Die über 960 gemeinnützigen Tafeln in Deutschland sammeln einwandfreie überschüssige Lebensmittel von Händlern und Herstellern und verteilen diese regelmäßig an mehr als 1,6 Millionen armutsbetroffene Menschen im ganzen Land. Damit schaffen sie eine Brücke zwischen Verschwendung und Armut. Mit rund 60.000 Ehrenamtlichen, die sich bei den Tafeln engagieren, sind die Tafeln eine der größten sozial-ökologischen Bewegungen in Deutschland. Organisiert sind die Tafeln im Dachverband Tafel Deutschland e.V.

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