Zwanzig Jahre Tafeln in Deutschland

18.02.2013

Seit mittlerweile 20 Jahren bauen die Tafeln in Deutschland mit gespendeten Lebensmitteln eine Brücke zwischen Überfluss und Mangel in der Gesellschaft.
Am 22. Februar begann mit der Berliner Tafel die erste Hilfsorganisation ihrer Art mit der Arbeit. Die Idee: Einwandfreie aber den Gesetzen der Marktlogik nach unverkäufliche Lebensmittel werden von Freiwilligen eingesammelt und an bedürftige Menschen verteilt. Bis heute sind durch die Initiative von Bürgervereinen oder Wohlfahrtsverbänden bundesweit 906 Tafeln entstanden.

„Mit ihrer Arbeit haben die Tafeln in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwei Probleme ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt: Armut und Lebensmittelverschwendung in Deutschland. Beide wurden lange Zeit kaum ernsthaft wahrgenommen. Beide bestehen fort und verlangen dringend nach politischen und gesellschaftlichen Lösungen“, sagt Gerd Häuser, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V.

Es sei beschämend für ein so wohlhabendes Land, dass zwar ein Armutsbericht nach dem anderen erscheine, sich die Verhältnisse für die Betroffenen aber nicht grundlegend verbesserten, so Gerd Häuser.

Etwa 1,5 Millionen der rund 12 Millionen von Armut betroffenen Menschen nehmen die Hilfe der Tafeln derzeit in Anspruch. Die Lebensmittel ergänzen ihren Speiseplan und entlasten ihr schmales Budget zugunsten anderer dringender Anschaffungen oder kultureller Aktivitäten.

„Die Hilfe der Tafeln oder gemeinnütziger Organisationen überhaupt ist aber kein Ersatz für sozialstaatliche Leistungen. Bürgerschaftliches Engagement entbindet den Staat nicht von der Fürsorgepflicht für seine Bewohner. Daseinsvorsorge ist Aufgabe des Staates - und muss es bleiben!“, insistiert Gerd Häuser. Gemeinnützige Initiativen könnten Armut nicht beseitigen, sie könnten nur bei einem Teil der Betroffenen ihre Folgen lindern.

Es gelte aber die Ursachen von Armut zu bekämpfen: „Wenn es um Arbeitsplätze, das Lohnniveau, Kita-Plätze, Bildungschancen von Kindern, die Rentenpolitik und eine sozial gerechte Steuerpolitik geht, müssen Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände ihren jeweiligen Einfluss viel stärker als bisher geltend machen.
Wir brauchen endlich eine nationale Strategie zur Vermeidung von Armut und den Willen aller Akteure aus Politik und Gesellschaft diese auch umzusetzen“, fordert der Vorsitzende.

Seit sie existieren weisen die Tafeln zudem auf das Ausmaß der Lebensmittelverschwen-dung hierzulande hin. „Wenn es die Tafeln nicht gäbe, würden zehntausende Tonnen einwandfreier Lebensmittel jedes Jahr sinnlos im Müll landen. Die Ressourcen, die in diese weltweit erzeugten Produkte geflossen sind, wären vergeudet. Diese Verschwendung ist weder aus ökologischer, noch aus ökonomischer Sicht akzeptabel und angesichts des Mangels, der bei Millionen Bedürftigen herrscht, schlicht unmoralisch“, urteilt Gerd Häuser.

Er ist überzeugt: „Wenn wir unsere Konsumgewohnheiten nicht ändern, bleibt der Lebensmittelüberschuss bestehen. Und damit auch die Tafeln und ihre Mission Lebensmittel zu retten.“

Die Anfänge der Berliner Tafel
Ihren Ursprung hat die Idee der Tafeln in den USA. „City Harvest“ heißt dort die Organisation, die zum Vorbild für die Initiativgruppe Berliner Frauen e.V. wurde, aus der die Berliner Tafel hervorging. Die Frauen hatten es sich nach einem Vortrag über Obdachlosigkeit in Berlin zum Ziel gesetzt, den Wohnungslosen in der Hauptstadt zu helfen. Das Konzept von New Yorker City Harvest schien ihnen hierfür geeignet.

Der Name „Tafel“ wurde sehr bewusst ausgewählt. „Wir wollten damit zum Ausdruck bringen, dass es bei unserer Arbeit um mehr ging und geht als darum, Menschen satt zu machen“, erklärt Sabine Werth, eine der Gründerinnen der Berliner Tafel und bis heute deren Vorsitzende. „Es ging uns von Anfang an um gesellschaftliche Teilhabe. Wir wollten denen, die es sich nicht leisten können, eine Tafel decken und damit dazu beitragen, dass sich alle für die weniger begüterten Mitmenschen in ihrer Stadt einsetzen.“

Bei einem Pressetermin am 22. Februar 1993 stellte die Berliner Tafel ihre Arbeit erstmals der Öffentlichkeit vor. Bald darauf gründeten sozial engagierte Bürgerinnen und Bürger Tafeln in anderen deutschen Städten wie Hamburg, München, Dresden, Düsseldorf, Schwerin u.v.a.m.

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