Gegen Armut und Ausgrenzung

24.10.2013

Appell für ein sozial gerechtes Deutschland.

Anlässlich des 20jährigen Bestehens der Tafel-Bewegung in Deutschland fordert der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. die beteiligten Parteien zu den Koalitionsverhandlungen auf:

Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen in der Gesellschaftspolitik: Laut viertem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung sind 15% der Menschen in Deutschland von Armut betroffen oder bedroht. Gleichzeitig ist die Zahl der Millionäre stark angestiegen. Die Unterschiede in der Lebenserwartung von reichen Menschen und armen Menschen gehen weiter auseinander.

Armut ist längst nicht mehr allein an Erwerbslosigkeit gekoppelt. Armut(sbedrohung) trotz Vollbeschäftigung hat zugenommen.
Alleinerziehend zu sein, viele Kinder zu haben oder eine Zuwanderungsgeschichte zu haben, sind weitere deutliche Armutsrisiken in Deutschland.

Armutsbekämpfung in Deutschland darf daher nicht zur politischen Kür zählen, sondern muss als eine der dringendsten politischen Herausforderungen überhaupt auf allen Politikfeldern bearbeitet werden - von der Bildungs-, über eine Sozial- und Arbeitsmarktpolitik bis hin zur Gesundheitspolitik.

Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. erwartet, dass in den Koalitionsverhandlungen die Voraussetzungen geschaffen werden, Armut nachhaltig zu bekämpfen. Dafür braucht es Strukturreformen, die allen Menschen gerechte Chancen auf Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Dazu zählt an erster Stelle:

  • AUSREICHEND ENTLOHNTE ARBEIT.
    Jeder, der in Deutschland Vollzeit arbeitet, muss sich und seine Familie von dem damit verdienten Lohn selbst und ausreichend versorgen können. Dafür brauchen wir einen gesetzlich verankerten Mindestlohn. Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt müssen energisch und nachhaltig bekämpft werden, sowohl in prekären Beschäftigungsverhältnissen, in der Leiharbeit, in der gleichen Entlohnung von Mann und Frau.
  • REALISTISCHE BERECHNUNG DER ALG-II-SäTZE UND BEI DER GRUNDSICHERUNG.
    ALG-II-Regelsätze müssen den tatsächlichen Bedarfen entsprechen. Zu einem menschenwürdigen Existenzminimum zählt unbedingt auch echte gesellschaftliche Teilhabe.
  • KINDERBETREUUNG.
    Wir brauchen quantitativ und qualitativ ausreichende und kostenfreie Kinderbetreuung, um auch Alleinerziehende in die Lage zu versetzen Vollzeit arbeiten zu gehen. Und um Kindern aus sozial und finanziell benachteiligten Familien durch frühe Bildung gerechte Chancen für einen Start ins Leben zu ermöglichen.
  • SCHUTZ VOR ALTERSARMUT.
    Nur ausreichend entlohnte Arbeit wird vor Altersarmut schützen. Darüber hinaus benötigen wir eine Reform in der Alterssicherung. Spätestens ab 2030 wird Altersarmut rapide zunehmen durch alle Menschen, die jetzt nicht ausreichend entlohnt werden oder arbeitslos sind.
  • SCHULABSCHLÜSSE UND BERUFSAUSBILDUNG FÜR ALLE.
    20% der jungen Menschen eines Jahrgangs bleiben derzeit ohne Ausbildung. Der Arbeitsmarkt wird in den kommenden Jahren einen Bedarf an etwa 5-7% ungelernten Arbeitern haben. Deshalb muss jeder junge Mensch in die Lage versetzt werden, eine Berufsausbildung erfolgreich zu beenden. Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme gehört, dass die genannten sozial-, bildungs- und gesellschaftspolitischen Reformen Mehrkosten verursachen werden. Aus unserer Sicht können diese nicht durch eine verstärkte Spar- oder Schuldenpolitik finanziert werden.
    Es ist auch eine Frage der gerechteren Ressourcenverteilung, die Einnahmenseite durch die Vermögenden in unserem Land zu stärken.
    Wir appellieren an Sie, die gesellschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, mit Nachdruck anzunehmen. Armut in Deutschland ist heute ein drängendes Problem. Wenn darauf politisch nicht reagiert wird, wird es morgen zu einem Problem mit gesellschaftlicher Sprengkraft werden.
    Wir wünschen Ihnen und uns verantwortungsvolle Entscheidungen, damit Deutschland sozial gerechter wird.

 

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